Junge Akademie – Open Studios

Offene Ateliers

Mehrmals im Jahr lädt die JUNGE AKADEMIE der Akademie der Künste dazu ein, die Ateliers der Stipendiat*innen am Hanseatenweg zu besuchen, alte und neue Arbeiten zu entdecken und Einblicke in künstlerische Prozesse zu erlangen.

Dieses Mal geben die bildenden Künstler Cemile Sahin und Robert Olawuyi, der Komponist Kaj Duncan David und die Sängerin Regina Fredriksson in Ausstellungen, Performances und Screenings Einblicke in ihre künstlerische Praxis.

Cemile Sahin
CENTER SHIFT #0, 2019, HD-Video, 16 Min.

Center Shift #0 ist der Prolog einer Mini-Serie: Eine Gruppe von Menschen findet scheinbar zufällig zueinander, um einen Film zu drehen. Auf der Suche nach einer Story wird im Affekt eine Person erschossen. Dieses Ereignis dient als Geschichte, die es zu bebildern gilt. Mit jeder weiteren Episode wird der Mord aus der Perspektive einer anderen Person reinszeniert. Jede*r will es gewesen sein, jede*r gibt die Geschichte anders wieder und die Episoden überlagern sich. Alles kreist um die Fragen: Wie ersetzt ein Bild die Geschichte, wenn es von vornherein keine Bilder dazu gibt? Was passiert, wenn man von außen versucht, über die Geschichte ein Bild zu kreieren, das am Ende der Geschichte etwas zurückgibt? Episode #0 sowie lens based-Objekte werden präsentiert.

Zudem liest Cemile Sahin aus ihrem Debütroman TAXI (2019, Korbinian Verlag): Eine Mutter entdeckt in einem fremden Mann ihren Sohn, der im Krieg getötet wurde. Der Krieg war natürlich sinnlos, hat ihr aber auch die Hoheit über ihre eigene Geschichte genommen. Diese will sie wiederholen, indem sie diesen Mann dazu bringt, ihren Sohn zu spielen. Ihr Plan: eine Erzählung im Stil US-amerikanischer Serien; Regie: sie, Rosa Kaplan. Der Plan scheint zu funktionieren, so gut sogar, dass dieser Unbekannte wirklich zu ihrem Sohn wird und schließlich sogar dazu bereit ist, für seine neue Mutter zu töten.


Robert Olawuyi

Einblick in die künstlerische Praxis / Präsentation der Videoarbeiten Breeze (2010) und Freedom is (2014)


Breeze
, 2010, Einkanal-HD-Videoprojektion, Stereo Ton

Die Videoprojektion zeigt eine mit Efeu begrünte Wohnhausfassade. Die Blätter scheinen sich zunächst im Wind zu bewegen, doch bei genauerem Hinsehen wird klar, dass die Bewegung zeitweise digital abstrahiert ist. Der Blick des Zuschauers changiert in dem meditativen Bewegtbild der Pflanzen zwischen Natur- und Kunstprodukt. Die Ruhe des ununterbrochen spielenden Videoloops wird von einer abstrakten, digital generierten Tonspur unterstützt.

Freedom is, 2014, HD-Video, 5 Min.

Das Video stellt den Künstler als Protagonist dar. Die kurze Narration beginnt mit einer dokumentarischen Bildsprache, die sich dann ins Abstrakte wandelt und zum Ende wieder ins Dokumentarische übergeht. Die Arbeit befragt die Möglichkeit der Freiheit durch Selbstbestimmung.


Kaj Duncan David
Lecture About Myself, 2019, Video, 31 Min.

Ein fiktionaler Supercomputer hält einen kurzen Vortrag über künstliche Intelligenz und bedient sich dabei der Medien Text, Bild und Klang. Unter Rückgriff auf einen Roman des polnischen Science-Fiction-Autors Stanisław Lem konfrontiert uns der Protagonist mit verschiedenen Ideen, die uns freundlich bis provokativ begegnen und dabei spielerisch und zugleich kryptisch sind.

Die Klangkomposition wurde im Studio für Elektroakustische Musik produziert und von reConvert beim Festival KONTAKTE '19. Biennale für Elektroakustische Musik und Klangkunst in der Akademie der Künste uraufgeführt.

Die Videoarbeit ist Teil einer Vorstudie für den abendfüllenden Musiktheatervortrag Also Sprach Golem, der beim Utraschall-Festival für Neue Musik in Berlin uraufgeführt werden wird (18./19.1.2020). Also Sprach Golem basiert auf GOLEM XIV, einem Roman von Stanisław Lem aus dem Jahr 1981, und ist ein Projekt, das in Zusammenarbeit mit der Musiktheatergruppe Kommando Himmelfahrt, dem Schauspieler Grahame F. Valentine und dem dänischen Musikensemble SCENATET realisiert wird.

Komposition und Text: Kaj Duncan David
Video: Carl-John Hoffmann
Dramaturgische Zusammenarbeit: Thomas Fiedler


Regina Fredriksson
Dido's Lament – another perspective, 2019, Performance

Anhand von Christopher Marlowes Stück The Tragedie of Dido Queene of Carthage und Nahum Tates Libretto zu Henry Purcells Oper Dido and Aeneas, die Regina Fredriksson als Ausgangspunkte dienten, erforscht sie das Phänomen Dido, die Person, den Menschen, das Symbol sowie die verschiedenen Dimensionen ihrer selbst – die Geliebte und die Wanderin. Vielleicht ist es aber auch der Blick aus der entgegensetzten Perspektive, vielleicht ist ihr Schicksal vor allem das der Ungesehenen und führt somit zu einem tieferen Verständnis der Tragödie an sich in der von Regina Fredrikssons Interpretation des Stückes Dido's Lament – another perspective, das sie selbst verfasst hat. Didos Klage aus Purcells Dido and Aeneas, ihr Schicksal der tiefsten Verzweiflung, zieht die Parallele zu Shakespeares Othello, der seine geliebte Desdemona verlässt.

Performance: Regina Fredriksson
Regie: Arila Siegert
Kontrabass: Matthias Bauer

Musik: Gioachino Rossini und Henry Purcell
Text: Desdemonas Weidenlied „Assisa a piè d'un salice aus dem Libretto Otello von Francesco Berio Di Salsa und „When Im laid in earth“ aus Dido and Aeneas von Nahum Tate

Donnerstag, 31.10.2019

18.30 – 22 Uhr

Hanseatenweg

Ateliers

Mit den Stipendiat*innen Cemile Sahin, Kaj Duncan David, Robert Olawuyi, Regina Fredriksson

In deutscher und englischer Sprache

Eintritt frei