Uncertain States „Flee by Night“
Lin Chong, Kampfkunstmeister der kaiserlichen Garde, sieht sich einer lebensbedrohlichen Palastintrige ausgesetzt. Er muss eine existentielle Entscheidung treffen: Soll er zu den Verleumdungen gegen ihn schweigen, seine Überzeugung verraten, sich anpassen? Oder wird er seiner glanzvollen Stellung entsagen, alles zurücklassen und fliehen, zu den Geächteten, den rebellischen Räubern vom Liang-Shan-Moor? Lin Chongs peinvolle Selbstbefragung, die Stunden seiner einsamen Entscheidung und der Moment seines radikalen Entschlusses sind das Sujet eines Stücks Welttheater, des Einakters Nachtflucht, ein Meisterstück der klassischen chinesischen Kun-Oper. Der Dichter Li Kaixian – ein zur Flucht Gezwungener auch er – schuf zur Zeit Shakespeares aus einem Stoff des populären literarischen Räuber-Epos das Libretto.
Der dramatische Monolog des Generals, der in den Worten des bedrängten Dichters um seine Integrität und Gedankenfreiheit ringt, hat nach der Überzeugung des Regisseurs Danny Yung, einem der einflussreichsten Avantgardekünstler Asiens, bis heute nichts von seiner suggestiven Kraft verloren. In Hongkong, wo politische und soziale Balanceakte an der Tagesordnung sind, geht Yung seit drei Jahrzehnten höchst unorthodoxe Wege, um aus der Tradition in ihrem experimentellen und subversiven Wesen eine eigenständige Avantgarde zu entwickeln. Danny Yung und seinem Star Ke Jun, Kun-Operndarsteller aus Nanjing, gelingt ein faszinierendes Experiment der Wandlung. In ihrer minimalistischen Dekonstruktion der virtuosen Szene offenbart sich ein emotional verdichtetes, hochbrisantes Gegenwartsstück.
In Kooperation mit dem Hong Kong Economic and Trade Office, Berlin.
Am 6.11. um 20 Uhr findet eine weitere Aufführung der Kun-Oper statt.
Weitere Informationen:
Über „Flee by Night“ und die Theaterarbeit von Danny Yung
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Excerpts from a dialogue between theater scholar CAO Kefei and Danny Yung, the artistic director for Zuni Icosahedron, September 2016
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