3.12.2010
Neue Mitglieder der Akademie der Künste
Auf ihrer diesjährigen Herbst-Mitgliederversammlung (6./7.November) hat die Akademie der Künste fünf neue Mitglieder in die Sektion Darstellende Kunst gewählt. Anne Teresa De Keersmaeker, André Jung, Volker Ludwig, Johan Simons und Angela Winkler haben die Wahl mittlerweile angenommen.
Auf der Mitgliederversammlung im Frühjahr dieses Jahres (7./8. Mai) waren bereits 18 neue Mitglieder in die Sektionen Bildende Kunst, Baukunst, Musik und Literatur gewählt worden (vgl. Pressemitteilung vom 12.07.2010). Die Akademie der Künste zählt aktuell 402 Mitglieder.
Biografische Informationen zu den neuen Mitgliedern in der Sektion Darstellende Kunst:
Anne Teresa De Keersmaeker, Choreographin und Tänzerin
1960 in Mechelen/Belgien geboren, lebt in Brüssel. Tanzausbildung in der MUDRA-Schule Brüssel sowie an der Tisch School of the Arts, New York. Schon "Fase, four movements to the music of Steve Reich", 1982, fand große internationale Aufmerksamkeit. 1983 gründete sie ihre eigene Company Rosas und schaffte mit dem ersten Stück für diese Gruppe "Rosas Danst Rosas" den internationalen Durchbruch. In den 1980er Jahren wurde die Company vom Kaaitheater Brüssel unterstützt, von 1992 bis 2007 war sie in ständiger Residenz an der Königlichen Oper Brüssel, La Monnaie. 1995 eröffneten La Monnaie und Rosas die internationale Schule für zeitgenössischen Tanz P.A.R.T.S.. Für De Keersmaeker ist Tanz Schreiben mit Bewegung in Zeit und Raum, Grundlage ist die Beziehung zwischen Bewegung und Musik, aber auch Literatur. Rosas ist heute ein offenes Haus: Ein Tanzensemble und eine Produktionseinrichtung, deren Infrastruktur die Company mit der Schule, aber auch mit dem zeitgenössischen Musikensemble Ictus und anderen Projekten junger Choreographen teilt. Anne Teresa de Keersmaekers Arbeit wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres (2000).
André Jung, Schauspieler
1953 in Luxemburg geboren, lebt in München. Studium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Am Theater Basel, am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg und am Schauspielhaus Zürich arbeitete er mit Werner Düggelin, Christoph Marthaler, Stefan Pucher, Johan Simons und Jossi Wieler. Vor allem die Arbeit mit Marthaler (etwa in Ödön von Horváths "Kasimir und Karoline" sowie "Stunde Null", beides 1996), und Wieler (etwa in Elfriede Jelineks "er nicht als er", 1998) wurde prägend für seine spezielle Kunst, die Figuren jeweils ganz individuell und gleichzeitig prototypisch anzulegen, "sowohl der eine, der jeweilige zu sein – und zugleich viele, die man meint, alle schon gesehen zu haben" (Elisabeth Schwarz). Seit 2004 ist er Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele, wo er derzeit in "Rechnitz (Der Würgeengel)" von Elfriede Jelinek (Regie: Jossi Wieler), "Hiob" nach Joseph Roth (Regie: Johan Simons) und "Späte Nachbarn" nach Isaac B. Singer (Regie: Alvis Hermanis) zu sehen ist. 2009 erhielt André Jung für die Darstellung des Krapp in "Das letzte Band" von Beckett/Handke (Regie: Jossi Wieler, Salzburg/München 2009) den Nestroy-Preis als Bester Schauspieler.
Volker Ludwig, Dramatiker
Geboren 1937 als Eckart Hachfeld in Ludwigshafen, lebt in Berlin. Studium der Germanistik und Kunstgeschichte in Berlin und München. Seit 1959 Kabarett-Texter u.a. für Wolfgang Neuss. 1965 gründete Volker Ludwig das Reichskabarett Berlin, das ab 1966 Kindervorstellungen anbot. Gemeinsam mit seinem Bruder Rainer Hachfeld verfasste Ludwig 1969 "Stokkerlok und Millipilli", ein sozialkritisches Stück für Kinder, das zum Ur-Stück der emanzipatorischen Kindertheaterbewegung wurde. 1972 spalteten sich die Kindertheatermacher des Reichskabaretts in das Theater Rote Grütze und das GRIPS-Theater, dessen Hauptautor Volker Ludwig seither ist. Stücke wie "Max und Milli", "Eine linke Geschichte", "Linie 1" oder "Ab heute heißt du Sara" sind weltweit bekannt und haben das Berliner GRIPS-Theater zum Synonym für aufklärerisches, dabei aber schmissiges und generationenübergreifend erfolgreiches Theater gemacht. Volker Ludwig ist mehrfacher Brüder-Grimm-Preisträger des Landes Berlin, er erhielt 1987 den Mülheimer Dramatikerpreis (für "Linie 1") und 2008 für sein Lebenswerk den Theaterpreis Der Faust.
Johan Simons, Choreograph und Regisseur
1946 in Heerjansdam/Niederlande geboren, lebt in München. Tanzausbildung an der Rotterdamer Tanzakademie und Schauspielausbildung an der Theaterakademie Maastricht. 1979 war er Mitbegründer des Schauspielerkollektivs Wespetheater, 1982 des Het Regiotheaters, aus dem 1985 die Theatergroep Hollandia entstand (später ZT Hollandia), die an der Öffnung der Grenzen zwischen Theater und Welt arbeitete und in Hallen, Ställen oder Kirchen Theaterstücke aufführte. Seit 2001 inszeniert Simons auch an anderen Theatern wie dem Zürcher Schauspielhaus, dem Stuttgarter Staatstheater, der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz oder den Münchner Kammerspielen und hat das deutschsprachige Theaterschaffen mit seinem zutiefst menschenfreundlichen, ästhetisch schlichten, klugen Erzähltheater nachhaltig beeinflusst. Im September 2005 wurde Simons künstlerischer Leiter des NTGent, seit 2010 ist er Intendant der Münchner Kammerspiele. Zu seinen jüngsten Arbeiten gehören "Kasimir und Karoline" von Ödön von Horváth (Köln 2009) und "Hotel Savoy" nach Joseph Roth (München 2010). Simons erhielt u.a. den Europäischen Preis für Innovation im Theater (2000) und 2004 den Nestroy-Preis für "Elementarteilchen" von Houellebecq (Zürich 2004) für die beste deutschsprachige Aufführung.
Angela Winkler, Schauspielerin
1944 in Templin/Uckermark geboren, lebt in Berlin und Frankreich. Schauspielunterricht in München bei Hanna Burgwitz und Ernst Fritz Fürbringer. Von 1971 bis 1978 spielte sie an der Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin in Inszenierungen von Peter Stein und Luc Bondy. Ab Mitte der 1970er Jahre wurde sie auch als Filmschauspielerin bekannt ("Die verlorene Ehre der Katharina Blum" 1975, "Die Blechtrommel" 1979), und in den 1980er Jahren arbeitete sie vor allem für Film und Fernsehen. 1986 kehrte sie als Göttertochter Io in Peter Handkes Aischylos-Bearbeitung "Prometheus, gefesselt" (Regie: Klaus Michael Grüber, Salzburger Festspiele 1986) auf die Bühne zurück und arbeitete ab 1990 zentral mit Peter Zadek. Sie war seine Anna Petrowna in Tschechows "Iwanow" (Wien 1990) und sein Hamlet (Wien 1999). Weitere Arbeiten mit Robert Wilson und Thomas Ostermeier. Für ihr traumwandlerisches, nie berechenbares, feinnerviges Spiel wurde Angela Winkler u.a. mit der Josef-Kainz-Medaille (mit Josef Bierbichler 1996) und mit dem Gertrud-Eysoldt-Ring (2001) ausgezeichnet.