19.2.2016, 13 Uhr

Interview mit Abbas Khider: „Die Dummheiten der Geschichte wiederholen sich ständig.“

Der Schriftsteller Abbas Khider stellt am 24. Februar seinen neuen Roman „Ohrfeige“ in der Akademie der Künste vor. Das Buch erzählt die Geschichte des irakischen Flüchtlings Karim Mensy, der in der bayerischen Provinz landet.

 

Im folgenden Kurz-Interview erläutert Khider, der aus Bagdad stammt und 2009 das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie bekam, was für ihn die Aufgabe eines Schriftstellers ist und was er von der aktuellen Debatte über Flucht und Vertreibung in Deutschland hält.

 

Wann fingen Sie mit dem Schreiben an?

Als ich 14 oder 15 Jahre alt war, habe ich ein Gedicht geschrieben. Seitdem leide ich unter einer Krankheit: Schreibdurchfall.

 

Sie schreiben ihre Romane seit einigen Jahren auf Deutsch, nicht in Ihrer Muttersprache Arabisch. Wie bekamen Sie den Zugang zur deutschen Sprache?

Durch Lesen auf jeden Fall. Aber auch durch die Türen, die mir mein Studium an der Universität geöffnet hat.

 

Welchen deutschsprachigen Schriftsteller lesen Sie gerne und warum?

Thomas Brasch, weil er seine Gedichte aus der Seele schrieb.

 

Inwiefern gibt es im Irak und in Deutschland unterschiedliche Auffassungen darüber, was die Rolle eines Schriftstellers in der Gesellschaft ist? Was ist für Sie die Aufgabe eines Schriftstellers?

Es gibt natürlich viele große Unterschiede zwischen dem Irak und Deutschland. Aber für mich ist die Aufgabe eines Schriftstellers, in der Gesellschaft etwas zu bewegen. Entweder literarisch oder menschlich.

 

Sie gehen diesen Monat mit ihrem neuen Roman „Ohrfeige“ auf Lesereise. Wie reagieren die Menschen auf ihr Buch und die Geschichte von Karim Mensy?

Unterschiedlich. Im Allgemeinen gibt es großes Interesse. Ich habe den Eindruck, dass die Menschen mehr von Karim Mensy wissen wollen.

 

Sie saßen als junger Mann aus politischen Gründen im Gefängnis und sind nach Ihrer Freilassung aus dem Irak geflohen. Wie erleben Sie die Debatte über Flucht, Vertreibung und die Grenzen Europas?

Ich muss mich jedes Mal wundern, wie lächerlich wir uns historisch immer wieder machen. Hannah Arendt sagte einmal: „Unsere Identität wechselt so häufig, dass keiner herausfinden kann, wer wir eigentlich sind.“ Das hat sie über die deutschen und jüdischen Europäer gesagt, die in der Zeit des Nationalsozialismus in den USA oder woanders auf diesem Planeten verstreut waren. Bis heute habe ich das Gefühl, es hat sich nicht so viel geändert in der Geschichte. Die Dummheiten wiederholen sich ständig. 

 

Worum geht es in ihrem nächsten Buch?

Ich habe drei Ideen. Ich mache zurzeit Notizen, wenn ich unterwegs bin, im Zug, im Hotel und immer wenn ich freie Zeit habe. Und ich weiß, irgendwann wird sich eine Idee durchsetzen. Worum es geht in diesen drei Projekten, würde ich niemals verraten.

 

Interview: Martin Steinmetz